Die Bürokratisierung der Gruppierung. Lokale und transnationale Innovationsdynamik bei der Einführung von Jahrgangsklassen im Pflichtschulbereich (Preußen, USA, Spanien; ca. 1830-1930)
(DFG-Projekt geleitet durch Marcelo Caruso)
Projektbeschreibung
Das Vorhaben rekonstruiert und analysiert die lange Geschichte der Durchsetzung von Jahrgangsklassen im Pflichtschulbereich als einen transnationalen Prozess der Einführung einer Innovation. Dabei werden Jahrgangsklassen als spezifische Gruppierungsform definiert, in der der Einsatz bürokratisch-formaler Kriterien der Klassenbildung alte, eher pädagogisierte Praktiken der Einteilung von Schülern nach Leistungsstand in verschiedenen Fächern und moralischen Kriterien ablöst. Obwohl der Vorschlag, ganze Schulsysteme auf der Basis des Jahrgangskriteriums zu organisieren, seit der Frühen Neuzeit in Europa bekannt war, wurde diese Idee erst allmählich im 19. Jahrhundert zum leitenden Kriterium für die Gruppenbildung in Schulen und für die Konturierung einer sog. normalen Schulkarriere. Dies geschah in einem Kontext, in dem Schulreform insgesamt und Optionen für die Bildung von Schulklassen insbesondere zu Themen grenzüberschreitender Beobachtung, Kommunikation und Nachahmung wurden. Das Vorhaben fokussiert die lokale und transnationale Dynamik der Einführung von Jahrgangsklassen. Bei der Letzteren wird die in der Soziologie der Innovationen erprobte Einteilung in Innovator, Früh- und Spätanwender übernommen, um die Abfolge der Innovationseinführung und deren variierendes Tempo zu thematisieren. Vergleichskontexte werden nach dieser Auswahl Preußen (Innovator), die USA (Frühanwender) und Spanien (Spätanwender). Bei der lokalen Dynamik soll eine regional, demographisch und anhand unterschiedlicher Strukturen der Schulpolitik begründete Auswahl von urbanen Schulsystemen beleuchtet werden, die Aufschluss über die Durchsetzungsweisen dieses Modells für die Gruppierung von Kindern in den drei jeweiligen Ländern geben. Das Vorhaben führt Einzelfall- und vergleichende Analysen durch, welche die bei dieser Innovation zentralen Dimensionen der lokalen Durchsetzung und Institutionalisierung sowie der internationalen Beobachtung und des grenzüberschreitenden Referenzbezugs miteinschließen, und will diese in eine größere transnationale Geschichte des Aufkommens der Jahrgangsklasse als Merkmal moderner Schulstrukturen integrieren.
Projektfinanzierung
Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Projektleitung
Projektteam
Wissenschaftliche Mitarbeiter:innen: Fanny Isensee, Daniel Töpper
Studentische Mitarbeiter:innen: Anna Lindner