Tiere im pädagogischen Anthropozentrismus. Analyse tierlicher Positionen in der Entstehung und Emergenz deutschsprachigen pädagogischen Denkens.
Mein Dissertationsvorhaben mit dem Arbeitstitel „Tiere im pädagogischen Anthropozentrismus. Analyse tierlicher Positionen in der Entstehung und Emergenz deutschsprachigen pädagogischen Denkens“ ist im Bereich der Historischen Bildungsforschung angesiedelt und soll den Stand der Forschung im Feld der Erziehungswissenschaften sowie der Geschichtsdisziplin analysieren. Des Weiteren bezieht sich die Arbeit in einem interdisziplinaren Zugang auf das Feld der Human-Animal-Studies.
Ziel dieser Arbeit ist es, Mensch-Tier-Relationen in pädagogischen Theorien und Konzepten aus der Entstehungszeit der Pädagogik als wissenschaftliche Disziplin zu untersuchen. Die Arbeit stellt die Frage, wie genau tierbezogene Begriffe in pädagogischen Bezügen während der Zeit der Aufklärung entstehen, sich herausbilden und eventuell umgestalten. Welche Positionen nehmen Tiere innerhalb pädagogischer Konzepte, die sich in diesem Zeitraum manifestiert haben, ein? Außerdem soll erforscht werden, ob in der Zeit geläufige Begriffe – beispielsweise wie „animalisch“, „bestialisch“, „monströs“ - Aufschluss auf tierliche Positionen geben lassen und wie diese im Bezug zu Mensch-Tier-Relationen gedacht werden können. Gefragt wird auch, ob Tiere im Zeitalter der Aufklärung tatsächlich als Gegensatz zum Menschen als einzigem vernunftfähigen Wesen deklariert sind? Dieses Vorhaben will spezifisch auf die Rollen und Relevanz tierlicher Positionen eingehen und reflektieren, welche Beteiligung oder gar „Mitwirkung“ Tiere an der Entstehung der Beziehung von Erziehenden und zu Erziehende oder an Prozessen der Menschwerdung hatten. Daher soll ebenfalls untersucht werden, inwiefern erziehungswissenschaftliche Perspektiven um tierliche Positionen erweitert werden müssen.
Das methodische Vorgehen setzt sich qualitativ und theoretisch analytisch zusammen. Zum einen werden klassische Schriften der Pädagogik, beispielsweise von Friedrich Schleiermacher oder Immanuel Kant hermeneutisch untersucht und einer Neuinterpretation unterzogen. Der Fokus liegt bei diesem Vorgehen auf Perspektiven zu tierlichen Positionen innerhalb dieser Texte und auf der Frage, welche relevanten „natürlichen“ oder tierlichen Bezüge aus einem anthropozentrischen Blickwinkel bisher außer Betracht gelassen wurden. Zum anderen wird anhand einer Inhaltsanalyse und dem sogenannten close reading ein von der Historischen Bildungsforschung der Humboldt-Universität zu Berlin in digitalisierter Form zur Verfügung gestellter Zeitschriftenkorpus nach tierlichen Begriffen und Bezeichnungen bearbeitet. Dieser Korpus umfasst pädagogische Zeitschriften aus den Jahren 1750 bis 1850 und ermöglicht eine digitale Volltextsuche nach den oben genannten Begriffen. Mit Hilfe von close reading, einem Werkzeug zur Textinterpretation, können solche Formulierungen zu tierlichen Positionen genauer betrachtet und analysiert werden. Anhand dieses Vorgehens werden einzelne Bezeichnungen in den Zeitschriften bearbeitet, um daraufhin den Kontext des Gesamtzusammenhangs genauer zu erfassen. Referenzen zu tierlichen Rollen und ein eventuelles tierliches „Mitwirken“ in pädagogischen Konzepten und Theorien werden damit spezifisch untersucht. Dieses methodische Vorgehen erlaubt, Interpretationen zu erziehungswissenschaftlichen Theorien vorzunehmen und ausführlich zu reflektieren. Dadurch können Bedeutungen zur Rolle und Relevanz von Tieren ermittelt werden.