Videografical Research on Teaching and Learning in Schools
Current Projects:
PAU: Praxen der Aufmerksamkeit im Unterricht (2018-2020)
Von der DFG gefördertes Forschungsprojekt
Das Projekt Praxen der Aufmerksamkeit im Unterricht (PAU) ist im Bereich der qualitativen Unterrichtsforschung verortet. Es verwendet den an dieser Abteilung entwickelten phänomenologisch-videographischen Ansatz. Mit dem Konzept der geteilten Aufmerksamkeit (bzw. der pädagogischen Interattentionalität) wird ein Modell verwendet, mit dem sich Aufmerksamkeitspraxen im Unterricht in ihrer leiblichen und materialen Dimension bestimmen und qualifizieren lassen. Aufmerksamkeit kann so als "Beginn von Lernen" (Hegel) bildungstheoretisch bestimmt werden. Zudem wird Aufmerksamkeit in sozialer, (fach-)didaktischer und erziehungstheoretischer Perspektive erfasst. Mit dem phänomenologischen und videographischen Ansatz können bildwissenschaftliche und filmwissenschaftliche Erkenntnisse systematisch einbezogeen und damit den leiblichen und materialen Dimensionen unterrichtlichen Geschehens besonders Rechnung getragen werden.
PAU untersucht, erstens, in welchen Situationen im Unterricht Aufmerken und Zeigen aufeinander bezogen sind und sich vor anderen performativ als geteilte Aufmerksamkeit erweisen. Die zugrunde liegende These lautet: Geteilte Aufmerksamkeit entsteht in der Korrelation von Aufmerken und Zeigen, was jeweils fach-und sachspezifisch zu differenzieren ist. Untersucht wird zweitens, welche Praktiken der thematischen, räumlichen und sozialen Ein-und Ausgrenzung (Waldenfels 2005, S. 102) im Aufmerksamkeitsgeschehen auftreten. Die fundierende These lautet hier: Praktiken der Ein-und Ausgrenzung befördern Aufmerksamkeit. Daraus folgt, dass Situationen der Unaufmerksamkeit im Unterricht auch aus dem didaktischen Handeln der Lehrer/-innen entstehen können. Untersucht wird drittens, in welchen Situationen pädagogische Probleme der Unaufmerksamkeit im Unterricht als medizinisches oder therapeutisches Problem der Schüler/-innen bestimmt und wie diese im Unterrichtsgeschehen wirksam werden. Dabei werden die individuellen und milieuspezifischen Lernvoraussetzungen der Schüler-/innen einbezogen. Die zugrunde liegende These lautet hier: Unaufmerksamkeit ist ein normatives Konstrukt der pädagogischen Ordnung. Viele Schüler-/innen sind aufmerksam, aber oft nicht auf das, worauf sie aufmerksam sein sollen. Sie gelten damit vor dem normativen Hintergrund der unterrichtlichen Ordnung als unaufmerksam.
Das Projekt schließt an ethnographische und praxistheoretische Ansätze an, die Praktiken und Ordnungen im Unterricht untersuchen. Darüber hinaus werden mit der phänomenologischen Orientierung auch subjektive Momente in der (bildenden) Erfahrung und zum anderen mit der videographischen Ausrichtung implizite leibliche und materielle Dimensionen von Unterricht erfasst. Das Projekt steht damit im engen Zusammenhang bzw. in der Nachfolge von SZeNe und Tri-U. Drei Untersuchungslinien bzw. Hauptfragen stehen im Zentrum des Projektes:
- In welchen unterrichtlichen Situationen beziehen sich Aufmerken und Zeigen aufeinander? Sind fachspezifische Differenzen festzustellen?
- Welche Praktiken der thematischen, räumlichen oder sozialen Ein-und Ausgrenzung treten im Aufmerksamkeitsgeschehen auf?
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In welchen Situationen werden pädagogische Probleme der Aufmerksamkeit als medizinisches oder therapeutisches Problem bestimmt und wirksam? Sind individuelle und/oder milieuspezifische Unterschiede festzustellen?
Das Projekt erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei Jahren und dient zugleich der Re-Analyse bereits erhobener und analysierter Unterrichtsstunden aus den vorangegangenen Projekten SZeNe und Tri-U. Ziel ist es nicht nur, die Praxis der Aufmerksamkeit aus einer bisher nicht bearbeiteten Perspektive in den Blick zu nehmen, sondern mitgängig eine empirisch gesättigte Theoretisierung der zu beobachteten Phänomene und Praxis vorzunehmen.
Tri-U:Triangulation Unterricht (2018-2019)
Von der Robert-Bosch-Stiftung gefördertes Forschungsprojekt
Die Studie Triangulation Unterricht (Tri-U) hat das Ziel, über verschiedene Zugänge vertieft Einblicke in die Unterrichtsprozesse des deutschen Mathematikunterrichts zu erhalten. Sie setzt sich zusammen aus einem qualitativen und einem quantitativen Teilbereich. Sie führt quantitative und qualitative Zugänge in der Videographie zum (Mathematik-)Unterricht zusammen und vergleicht ihre auf unterschiedliche Weise erhobenen Erkenntnisse miteinander. Untersuchungsgegenstand sind Unterrichtseinheiten zum Thema „quadratische Gleichungen“ in verschiedenen Schulklassen dreier Berliner Schulen.
Der qualitative Zugang erfolgt ethnographisch und phänomenologisch, der quantitative Zugang ist an die TALIS-Videostudie (Teaching and Learning International Survex - Video) angelehnt. Der qualitative Teil wird dabei von Prof. Dr. Malte Brinkmann verantworter, der quantitative von Dr. Anna-Katharina Praetorius (Deutsches Institut für Pädagogische Forschung, Frankfurt/Main). Über Vor-und Nacherhebungen werden die Ergebnisse intern validiert.
In Tri-U werden die mehrfach erprobte pädagogisch-phänomenologische Videographie, wie sie vorigen Forschungsprojekten entwickelt wurde, zur Anwendung. Diese wird mit quantitativen Untersuchungen trianguliert. Dies ermöglicht eine Sichtbarmachung von Differenzen, wie sie bisherige Forschungszugriffe bisher nicht oder nur unzureichend boten.
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Aufmerksamkeit im Unterricht – Videographische und interkulturelle Studien zu einer pädagogischen Praxis
Jie Peng (M.A. Theories of Education)
seit 09/2016
Ziel des Projektes ist es, in einer kulturvergleichenden Perspektive Aufmerksamkeitspraxen im Unterricht in deutschen und chinesischen Schulen videographisch zu rekonstruieren und diese einer bildungs- erziehungs- und sozialtheoretischen Reflexion zuzuführen. Es werden ethnographische, phänomenologisch-pädagogische und videographische Methoden verwendet, um schließlich unterschiedliche Aufmerksamkeitspraxen zu typisieren und interkulturell zu vergleichen.
Completed Projects:
SZeNe. Pedagogical-Phenomenological Research on Teaching and Learning
According to the approach of a ‘theoretical empiry’ and following a pedagogical, phenomenological perspective, the project focuses on practices of teaching and learning in schools. On the one hand, teachers’ practices of showing, pointing and revealing which aim at gaining or maintaining students’ awareness will be examined. On the other hand, negative experiences in students’ learning will be described and analyzed by using videography. Following a pilot study carried out in 2013/14, the proposed project is comparing school lessons from secondary schools and ‘Gymnasien’ in Berlin. The comparative research includes ethnographical and videographical research by videotaping of 24 lessons. These videos will be described, interpreted, analyzed sequentially and typologized by using the video transcription software Feldpartitur.
The project intends to describe students’ experiences as an effect of practices of teaching. This description is enriched by looking at the indended and non-intentional effects of teaching, and also by examining the content and topic of the lessons and the teaching material employed. By referring to pedagogical theories of learning and showing, pointing and revealing the study aims at opening a new approach to the theory of negative experiences and showing, pointing and revealing in educational contexts, thus providing an empirical basis for previous theoretical concepts. In order to point out these new approaches, an empirically generated typology of embodied negative experience, as well as of showing will be compared critically with theories of learning and ‘Bildung’ and with theories of teaching as pedagogical showing, pointing and revealing.
Publications:
Brinkmann, M. (2015a): Theorie - Empirie - Praxis. Programmatische Überlegungen zu einer phänomenologisch orientierten pädagogischen Empirie. In: Zeitschrift für Pädagogik Heft 4/2015, S. 527-545; Brinkmann, M (2015b): Phänomenologische Methodologie und Empirie in der Pädagogik. Ein systematischer Entwurf für die Rekonstruktion pädagogischer Erfahrungen. In: Brinkmann, M./Rödel, S. S./Kubac, R. (Hrsg.): Phänomenologische Erziehungswissenschaft. Theoretische und empirische Perspektiven (Bd.1 Phänomenologische Erziehungswissenschaft). Wiesbaden: Springer VS, S. 31-57.; Brinkmann, M. (2015c): Übungen der Aufmerksamkeit: Phänomenologische und empirische Analysen zum Aufmerksamwerden und Aufmerksammachen. In: Reh, S./Berdelmann, K./Dinkelaker, J. (Hrsg.): Aufmerksamkeit. Geschichte – Theorie – Empirie, S. 199-220.; Brinkmann, M. (2014a): Verstehen, Auslegen und Beschreiben zwischen Hermeneutik und Phänomenologie. Zum Verhältnis und zur Differenz von hermeneutischer Rekonstruktion und phänomenologischer Deskription am Beispiel von Günther Bucks Hermeneutik und Erfahrung. In: Schenk, S./Pauls, T. (Hrsg.): Aus Erfahrung lernen. Anschlüsse an Günther Buck. Paderborn: Schöningh, S. 199-222.; Rödel, S. S. (2015a): Der Andere und die Andere. Überlegungen zu einer Theorie pädagogischen Antwortgeschehens im Angesicht von Dritten. In: Brinkmann, M./Kubac, R./Rödel, S. S. (Hrsg.): Pädagogische Erfahrung. Phänomenologische Akzentuierungen in Theorie, Empirie und Praxis. Wiesbaden: Springer VS, S. 195-218.; Rödel, S. S. (2015b): Scheitern, Stolpern, Staunen. Zur Produktivität negativer Erfahrung im schulischen Lernen. In: Laschke, C./Stiller, J. (Hrsg.): Berliner und Brandenburger Beiträge zur Bildungsforschung. Pieterlen: Peter Lang Verlag, S. 29-56.; Wilde, D. (2015): Wieso ist das kein Spielzeug? Eine phänomenologische Suche nach Antworten auf Dinge im Unterricht. In: Brinkmann, M./Kubac, R./Rödel, S. S. (Hrsg.): Phänomenologische Erziehungswissenschaft – Theoretische und empirische Perspektiven. Wiesbaden: Springer VS, S. 243-259.